HütebeweidungFoto: Umweltamt Stadt Nürnberg 

Die Schafbeweidung auf den Gebersdorfer Wiesen erfolgt im Auftrag des Umweltamtes der Stadt Nürnberg. Die Beweidung ist nicht nur eine ressourcenschonende und nachhaltige Form der Grünlandpfleg, sie leistet auch einen erheblichen Beitrag zur Artenvielfalt und damit zum Schutz der Natur auf den Flächen.

Die Beweidung erfolgt ohne Einzäunung im Rahmen einer Hütebeweidung, da nur so gewährleistet werden kann, dass das Gebiet  dauerhaft zugänglich bleibt. 
Das Hüten ist aber keine leichte Aufgabe und ist auch nicht mit allen Schafrassen durchzuführen. 
Warum das so ist kann am besten die Schäferin Frau Stafflinger erläutern:
(Gisa Treiber Umweltamt Stadt Nürnberg Tel 0911 231-14051) 

Die Rouge du Roussillon, die seit 4 Jahren die Rednitzauen in Gebersdorf beweiden, bringen sehr gute Hüteeigenschaften mit. Sie laufen von sich aus gerne Menschen hinterher, immer in der Hoffnung, der weiß noch bessere Futterstellen und in dem Vertrauen der größere Mensch kann potentielle Gefahren früher erkennen.

Sie können gut vorgegebene Grenzen wie Wege akzeptieren und lernen schnell den aktuellen Weg zur Futterfläche. Interessanterweise verlangen sie vom Schäfer immer zu wissen, wo sich ihre Lämmer während des Weidegangs zum Ruhen abgelegt haben. Ein sein Lamm suchendes Mutterschaf rennt immer blökend zu mir.

Eine Schafherde hat immer ihre eigene Dynamik, hebt ein Schaf beim Fressen den Kopf und sieht etwas, das es für Betrachtens wert hält, hören alle mit dem Fressen auf, heben die Köpfe - und flüchten gegebenenfalls. Erschrickt ein Schaf und springt weg, dann erschrecken alle und springen. Als potentielle Beutetiere können sie es sich nicht leisten, erst zu schauen, warum ein anderes Schaf rennt. 
Eine große Herde läßt sich sowohl für den Hütehund, als auch für den Schäfer viel leichter hüten, da die große Anzahl der Schafe dem einzelnen Individuum mehr Sicherheit bietet. Schafe sind Fluchttiere, in großen Herden laufen sie bei vermeintlicher Gefahr zusammen und kreiseln in einem Pulk, dadurch wird es z.B. bei dem Angriff eines Wolfs oder Hundes für den Angreifer unmöglich ein einzelnes Tier zu isolieren. Kleine Herden, wie hier die Rouge sind viel flüchtiger, schreckhafter und schwerer zu kontrollieren. Bei Gefahr rennen sie immer in den Stall und können - einmal auf der Flucht - nicht mehr gestoppt werden.

Die Rednitzauen bergen viele vermeintliche Gefahren für die Rouge du Roussillon: Ein Jogger oder Radfahrer in unmittelbarer Nähe ist ihrer Meinung nach sicherlich „auf der Flucht“ und sicherheitshalber flüchten sie gleich mit. Bei der kleinen Rougeherde löst ein fremder Hund oder Mensch, direkt in Richtung Schafe laufend, immer eine kopflose Flucht aus. Dies kann oft schlimme Folgen haben. Jeder Hüteschäfer weiß von überrannten Lämmern sowie von Fehlgeburten durch Stress und schwerer innerer Verletzungen zu berichten. Auch ein fremder Hund, der nur die Herde beobachtet wird als Wolf oder Feind registriert, der sich gerade ein Schaf zum Fressen aussucht. Dabei wird weder Schlepp- oder Flexileine auf Distanz erkannt.

Schafe fressen selektiv. Manche Arten, wie z.B. die Brennnessel verschwinden, wenn sie über einen längeren Zeitraum abgefressen werden. Seltene Arten wie die geschützte Sandgrasnelke, werden durch das Abfressen gefördert, da der Verbiss der Schafe eine erneute Blüten- und Samenbildung anregt.

Nachdem Schafe sich immer für sie das Beste heraussuchen, ist es erforderlich das Hüten mit dem „schlechtesten“ Futter zu beginnen. Nur entsprechend hungrig, betätigen sie sich hier als Landschaftspfleger. Im Laufe eines Weidegangs, bekommen sie immer schmackhafteres Futter angeboten. Dies  führt zum Einen zu einer optimaler Futteraufnahme der Schafe und zum Anderen zu Nähstoffentzug der Sandböden und fördert damit den Artenreichtum. Durch das Abfressen der rasch wachsenden hohen Gräser bleiben die Böden offen für viele verschiedene Pflanzenarten und Kräuter und bieten zeitgleich mehr Lebensraum für Insekten. Im Übrigen werden bei regelmäßiger Beweidung auch Zecken auf den beweideten Flächen deutlich dezimiert.

Ohne Hütehund ist ein Weidegang ohne Einzäunung jedoch unmöglich. 
Voraussetzung für einen guten Hütehund sind die Gene und eine gute Ausbildung, die etwa 3 Jahre dauert. Die Jahrhunderte lange Tradition der Wanderschäferei mit großen Herden wurde z.B. durch die Leistung von Altdeutschen Hütehunde ermöglicht.

Der Hütehund muss selbständig und zuverlässig die Herde beschützen, sie auf die vorgegebene Fläche führen und ein Abwandern auf andere Flächen verhindern. Bewegt wird die Herde durch seitliches Nebenherlaufen und -pendeln des Hütehundes. 
Für seine schwierigen Aufgaben muss sich der Hütehund Respekt verschaffen, ohne jedoch die Schafe zu ängstigen und bei der Futteraufnahme zu stören oder zu beunruhigen. Eine große Herausforderung ist dies vor allem wenn junge, unerfahrene und fröhlich herum hüpfende Lämmer in der Herde dabei sind. Hier benötigt der Hund viel Abstand von der Herde, um nicht in Konflikt mit den Mutterschafen zu kommen, die ihrerseits ihre Lämmer in Schutz nehmen.

Selbständigkeit zeigt der Hütehund auch beim Beschützen seiner Schafherde, wenn sich ein fremder Hund nähert. Beobachtet ein fremder Hund die Schafe und gehorcht auf mehrfachen Rückruf nicht, nimmt dies der Hütehund als Bedrohung wahr und greift selbständig an. Der Körpereinsatz des Hütehundes richtet sich dabei nach der Intensität und dem Tempo des Angriffs, sowie dem Abstand zu den Schafen.

An dieser Stelle möchte ich mich bedanken bei allen Gebersdorfern, die Rücksicht nehmen auf die Bedürfnisse der Schafe und der vielen schützenswerten Arten in den Renitzauen -  und damit eine langfristige Beweidung erst ermöglichen:

  • bei den Radfahrern, die letztes Jahr anhalten mussten, weil die ganze Herde Rouge ihnen hinterher rannte,
  • bei allen Radfahrern, die danach vorbei kamen und auf meine Bitte ihr Fahrrad an den Schafen vorbei schoben,
  • bei den vielen Gebersdorfer Hundehaltern, die ihre Hunde in der Nähe der Schafe anleinen und denen, die den Schafen großräumig ausweichen, bzw. gleich mit ihren Hunden ans andere Ende der Wiese gehen,
  • bei den vielen Hundehaltern, die fleißig die bereit gestellten Kottüten nutzen (die Verschmutzung mit Hundekot ist erheblich zurück gegangen)
  • bei den vielen Spaziergängern, ob mit oder ohne Hund, die den Schafen unterwegs zu ihrem „Futterplatz“ auf den Wiesen ausweichen,
  • und zu guter Letzt bei allen Spaziergängern, Kindergartengruppen und Schulklassen, die auf den Wegen bleiben, manchmal kleine Umwege in Kauf nehmen und so dafür sorgen, dass die Schafe ungestört fressen können und nicht große Mengen an Futter zertreten oder für die Schafe ungenießbar wird.

Ein herzliches Dankeschön im Namen der Schafe! 
Heidi Stafflinger